Wir buchstabieren die Zukunft aus
Ein Zyniker hat einmal als Problem von Schulen benannt, dass „Lehrer von gestern, Schüler von heute auf die Zukunft vorbereiten“. Wenn man die quälenden Debatten um die „Digitalisierung der Schulbildung“ und die schleppende Ausstattung der Schulen verfolgt, scheint sich dies zu bewahrheiten. Tatsächlich ist es aber so: Einerseits verfügen nicht nur Lehrende über keine Glaskugel zur Vorhersage der Zukunft. Wir alle wissen nicht, welche Herausforderungen aber auch Chancen uns die ungeheuer beschleunigte technische Innovation bringen wird. Die Frage wird sein, ob wir als Gesellschaft in der Lage sind, diese Zukunft zu gestalten. Dazu braucht es Menschen, die neugierig sich auf Neues einlassen können, die quer – und innovativ denken, Entwicklungen hinterfragen und Verantwortung für sich, die humane Gesellschaft und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Für Schule bedeutet das: Wir müssen jungen Menschen helfen, ihre Talente, ihren kritischen Geist, ihr Verantwortungsbewusstsein und ihren Unternehmergeist zu entfalten. Dies macht auch deutlich, dass es in der schulischen Beschäftigung mit Fragen des digitalen Wandels andererseits nicht um die Ausbildung von Arbeitnehmern für eine ferne Zukunft geht, sondern um die Teilhabe junger Menschen an der Ausgestaltung der Zukunft heute.
Deshalb beschäftigt sich das Canisius-Kolleg am ersten und zweiten März mit dem Thema: „Künstliche Intelligenz – Chancen, Implikationen für das Menschenbild und ethische Fragen“. Hier wird es nicht nur um die Erarbeitung von Unterrichtsinhalten gehen, sondern um die Frage, wie Unterrichtssituationen – gerade auch solche mit neuen, digitalen Lehrmitteln – gezielt genutzt werden können, dass Schüler*innen als Personen daran wachsen. Diese Fragestellung aber ist in Wirklichkeit gar nicht neu. Es ist die uralte Aufgabe von Pädagogik, deren großes Vorbild Sokrates war. Und neu ist auch nicht, dass die Voraussetzung, um gut lehren zu können, ist, selbst bereit zu sein, ständig neu zu lernen: „Denn sie lernen selbst besser lernen, wenn sie lehren“ (Ignatius von Loyola.) Wirklich neu und aufregend ist: Das Canisius-Kolleg ist Teil eines ignatianischen Netzwerkes von Schulen, die in den letzten Jahren immer enger zusammen arbeiten. Und so werden wir unsere Kollegstagung diesmal gemeinsam mit dem ganzen Kollegium aus dem Aloisianum in Linz und Delegierten des Benno-Gymnasiusm in Dresden nutzen, um gemeinsam zu lernen, uns gegenseitig Impulse zu geben und an der Schärfung unseres Profils für die Zukunft zu arbeiten.
Die Tagung wird begleitet vom Zentrum für ignatianische Pädagogik. Für die wissenschaftliche Begleitung durch die Tage haben wir Professor Stefan Aufenanger und Frau Professor Bastian, beide Erziehungswissenschaftler an der Universität Mainz gewinnen können. Vorträge halten: Prof. Klaus-Robert Müller, der als einer der Wegbereiter des Maschinellen Lernens gilt. Dr. Stefan Ullrich, Informatiker und Philosoph, und Frau Dr. Vladova, die beide in der Forschungsgruppe Informatik in Bildung und Gesellschaft des neu errichteten Weizenbaum-Instituts für die vernetzte Gesellschaft arbeiten.